Landesruderverband Berlin e.V.

Ruderbundesliga 2023 – 10 Jahre HavelQueens

Foto: Alexander Pischke/Ruder-Bundesliga

von Ruder-Club Tegel 1886 e.V.

 

Hätte uns jemand im Winter 2013, als wir zusammensaßen und gemeinsam beschlossen einen Bundesligaachter zu stellen, gesagt, dass es uns im Jahr 2023 immer noch gibt, hätten wir vermutlich müde gelächelt und abgewunken.

Aber so ist es: wir haben dieses Jahr nicht nur eine einzigartige Saison hinter uns, sondern auch 10-jähriges Bestehen des HavelQueen-Achters gefeiert. Viel besser hätte eine Jubiläumssaison wohl kaum laufen können. Aus jungen Frauen sind Mütter geworden, aus Teenies junge Frauen. Wir haben zusammen gelacht und geweint (vor allem bei Thomas‘ harten Trainingsprogrammen), sind in andere Länder gereist, haben auf Flughäfen festgesteckt, haben unsere ersten Mastersrennen bestritten, haben Lisa durch Ausweiskontrollen gemogelt, Geburtstage gefeiert, auf Hochzeiten getanzt und auf neue Erdbewohner angestoßen. Wir sind über die Jahre zu einem großen Team gewachsen und umso schöner ist es, dass die ein oder andere Queen immer wieder den Weg zurück in unser Boot findet und uns im Training oder anderen Wettkämpfen unterstützt. Danke!

In dieser Saison sind wir zur Vorbereitung neben der Berliner Früh-Regatta erstmals zusammen mit zwei Achtern unserer Männer zum Heineken Roeivierkamp gefahren. Eine super coole Erfahrung sich mit so vielen Frauen-Achtern über verschiedene Distanzen zu messen. Weiter ging es in verschiedenen Bootsklassen über die 1000m nach Rüdersdorf bevor das erste Trainingswochenende in Tegel und damit die direkte Vorbereitung auf den 1. Renntag startete.

Das gelbe Trikot

Den Anfang machte Bad Segeberg mit einer für uns unbekannten Strecke, welche aber wirklich sehr schön auf dem See gelegen war. Der erste Renntag ist immer etwas ganz Besonderes sowie der schwierigste und der erste Hinweis darauf, wie man durch den Winter gekommen ist. Eine erste Standortbestimmung – auch wenn erfahrungsgemäß über die Saison alle Achter enger zusammen rutschen. Wir fanden an diesem Tag direkt gut in die Rennen und konnten uns im Finale gegen den Vizechampion aus 2022, dem MeenzerExpress aus Mainz, wiederfinden. In einem beherzten Finale konnten wir tatsächlich direkt den ersten Renntag gewinnen und uns somit das gelbe Trikot holen. Damit hatten wir nicht gerechnet.

Relativ zügig, nur 14 Tage später, ging es auf eine unserer Lieblingsstrecken nach Kassel. Nachdem wir im Zeitfahren zunächst Platz 2 belegten, konnten wir uns über die Rennen immer besser steigern und das Halbfinale gegen die Mainzerinnen gewinnen. Das Finale hieß also diesmal Hamburg gegen Berlin. Nach einem verhaltenen Start schoben wir uns immer weiter an Hamburg heran und hatten im Ziel ganz knapp die Nase vorne. Da war es der zweite Tagessieg in Folge -Trikotverteidigung! Das hatten wir noch nie geschafft. Wir waren sprachlos und so ging es in die achtwöchige „Sommerpause“.

13 Zehntel

Unzählige Kilometer später stand endlich der dritte Renntag an. Wieder ein neuer Austragungsort, Mülheim an der Ruhr. Diese Strecke hatte eine spezielle Besonderheit: Aufgrund der vielen Regenschauer stand der Pegel besonders hoch, weshalb die Boote von zwei Männern gleichzeitig an der Startbrücke festgehalten werden mussten. Erst kurz vor dem „Go“ durften die Blätter ins Wasser gesteckt werden. Die ungewohnte Strömung, inklusive der Unterwasserstrudel, war keine leichte Aufgabe. So war das Anlegen an der Startbrücke ein echter Kraftakt und die ersten 100m in jedem Rennen ein ziemlich wilder Ritt. Aber der Renntag bot alles, was eine Ruderbundesliga und unser Sport brauchen. Eine tolle Location, perfektes Wetter, jubelndes Publikum und spannende Rennen machten den Tag komplett. Tatsächlich konnten wir uns auch in Mülheim über gute Rennen bis ins Finale vorrudern. Dort trafen wir wieder auf die Mainzerinnen. Und es wurde eng – verdammt eng. Im Ziel warteten wir gespannt auf die Bekanntgabe des Siegers. Welches Boot hatte am dritten Renntag den Bugball vorn? Es entschieden 13 Zehntelsekunden über Sieg und Niederlage. „Der Sieg geht an: HavelQueen-Achter!“

Ähm, wie bitte? Wir? Der dritte Tagessieg in Folge? So langsam gingen uns die Worte aus…

Ab jetzt sollte es Schlag auf Schlag gehen. Nur 14 Tage später ging es nach Münster. Vor Münster hatten wir gemischte Gedanken. Zum einen konnten wir hier schon Ligachampion werden, zum anderen scheiterten wir 2021 mit nur drei Zentimetern am Titel. Was würde Münster diesmal für uns bereithalten?

Vorzeitiger Jubel

Bei wirklichen Laborbedingungen und einem lautstarken Publikum ging es über die Strecke. Bereits im Zeitfahren starteten wir gegen Mainz und es hieß das erste Mal an diesem Tag Nerven bewahren. Das schafften wir und entschieden dieses sowie die folgenden Rennen für uns. Im Finale lagen wir an der Startbrücke wieder neben Mainz. Es folgte der zu erwartende Bord-an-Bord-Kampf. Wieder musste das Zielfoto entscheiden – Spannung in beiden Booten, die Herzen klopften laut, das Publikum war still. Mühlheim wiederholte sich. Denkbar knapp, mit wenigen Zehnteln, ging auch dieser Sieg nach BERLIN. Tagessieg vier von fünf.

Unsere Hände schossen jubelnd in die Höhe. Denn wir hatten nicht nur den vierten Renntag in Folge gewonnen. Mit diesem letzten Sieg, hatten wir uns bereits vorzeitig den Ligapokal gesichert! Jetzt waren wir endgültig sprachlos.

Letzte Runde

Der finale Renntag fand traditionsgemäß auf einer der spektakulärsten Strecken statt. Auf der Binnenalster, direkt im Herzen Hamburgs, versammelten sich die Mannschaften der Ruderbundesliga 2023, um den letzten Renntag dieser Saison zu bestreiten.

Nach vier guten Rennen fanden wir uns im Finale ein weiteres Mal neben dem MeenzerExpress wieder. Die ganze Saison war von diesem Duell bestimmt und so ging es auch im letzten Rennen gegeneinander. Während wir den Start für uns entscheiden konnten, kamen die Mainzerinnen immer mehr auf. Im Ziel, wie sollte es anders sein, Zielfoto. Der Tagessieg ging mit einem Wimpernschlag Vorsprung nach Mainz. Ein kurzer Moment der Enttäuschung kam in unserem Team auf. Die „weiße Weste“ haben wir leider nicht geschafft. Aber wir sahen uns gegenseitig in die Augen und wussten, welchen großen Kampf wir in dieser Saison geschafft haben: viermal Gold und einmal Silber sowie, mit 4 Punkten Vorsprung, den Titel zum LIGACHAMPION 2023 !!!

Ein unglaubliches Gefühl. Und spätestens mit dem Pokal in den Händen kam auch die Freude über Silber am letzten Renntag. Wir haben an diesem Tag und in der gesamten Saison alles gegeben. Wir sind über uns hinausgewachsen. Wir sind als Team noch enger zusammengerückt und haben mehr Vertrauen in unsere Teamstärke gewonnen. Wir sind stolz auf uns!

Im Juni dachte man sich noch: „Endlich geht es los.“ Plötzlich ist September und alles ist vorbei. Wirklich alles? Ach nein – natürlich standen noch die Deutschen Sprintmeisterschaften an. Die wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen.

Noch nicht vorbei

So ging es nach einer kurzen Regenerationspause ins weit entfernte Heidelberg. Bereits das Meldeergebnis mit elf Frauen-Achtern, neun Vierer-Mit und neun Zweier-Ohne sowie zahlreiche Namen der Kaderathlet*innen ließen auf ein sehr hohes Niveau schließen. Dennoch konnten wir uns im Doppelvierer und Vierer-Mit Bronze sichern. Im Zweier-Ohne holten Mandy und Wiebke in ihrem fünften Rennen des Tages noch einen knappen vierten Platz. Am Sonntag war dann Achterzeit, unsere Lieblingsdisziplin.

Bereits in der Frühe ging es mit dem Vorlauf los. Wir starteten direkt gegen die Kaderboote aus Kettwig und Frankfurt sowie die Mainzerinnen aus der Ruderbundesliga. Doch irgendwie kamen wir nicht so richtig ins Rennen und kamen im Vorlauf als letztes Boot über die Ziellinie. Aufgrund der vielen Meldungen mussten wir den darauffolgenden Hoffnungslauf gewinnen, um uns die Chance auf Edelmetall zu wahren. Tja, und gegen wen sollte es in diesem Rennen schon gehen, wenn nicht gegen unsere Rivalen aus Mainz?

Wir sahen den Hoffnungslauf als unserer Finale und ballerten den Start raus, als gäbe es kein Morgen mehr. Nach zehn Schlägen klang Lisas Stimme durch die Cox-Box: „Halbe Länge vor!“ Das ließen wir uns nicht mehr nehmen und sicherten uns den Finaleinzug. Damit hatten wir selbst nicht mehr gerechnet.

Finale!

Im Finale hatten wir nichts mehr zu verlieren. Ein letzter Tanz zusammen im Jahr 2023. Noch einmal alle Körner rausholen. Auf der Außenbahn gelegen fuhren wir unser eigenes Rennen und legten genauso los wie im Hoffnungslauf. Auf der Ziellinie war nicht zu erkennen, ob es für eine Medaille gereicht hat. Aber wir hatten alles gegeben. Wir hatten ein letztes Mal unser Herz in die Hand genommen und es war das Beste Rennen der Saison.

Mit Bronze hatten wir geliebäugelt und uns erhofft. Doch lange gab es zum Zieleinlauf keine Ansage. Die ersten Aussagen, konnten wir noch nicht richtig verstehen. Erst auf dem Weg zum Steg, als uns bereits der vierte Streckenposten mitteilte, dass wir gewonnen hatten, realisierten wir was gerade passiert war. Wir schrien ganz Heidelberg zusammen.

DEUTSCHE SPRINTMEISTERINNEN 2023 – das vierte Mal in Folge!

Deutsche Meisterinnen, nachdem wir erst im Finale hinterherfuhren. Der perfekte Abschluss einer außergewöhnlichen Saison.

Fortsetzung folgt …

Mittlerweile zählen wir in der Ruderbundesliga zu den etablierten Achtern, den Jahrgangsältesten und könnten fast einen reinen Masterinnenachter stellen – aber wir sind immer noch heiß auf mehr. So wird es sicherlich auch in 2024 einen HavelQueen-Achter geben.

Dankeschön!

Das ALLES wäre nicht möglich, wenn wir euch nicht hätten: jede Einzelne Queen, die fleißig zum Training kommt, ehemalige Queens, die uns aushelfen, unsere beiden Vereine RCTegel und RU Arkona, unsere Familien, Freunde und Sponsoren sowie unseren Trainer Thomas Schiefke, der uns immer wieder bis aufs Zahnfleisch quält und versucht zur Perfektion zu schleifen. Ohne eure Unterstützung wären wir nicht dort, wo wir sind und nicht das Team, das wir sind.

In diesem Sinne ein riesiges DANKESCHÖN!

Der HavelQueen-Achter

 

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