Landesruderverband Berlin e.V.

100 Jahre ESV Schmöckwitz: traditionsbewusst und für die Zukunft aufgestellt

Mehr Symbolik geht nicht. Der ESV Schmöckwitz hat an seinem 100. Geburtstag nicht nur viele Ehrengäste zu einem Festakt begrüßt. Auf dem Bootsplatz des Vereinsgeländes sind auch zwei Boote aufgebockt: ein neues und ein altes. Mit dem neuen, das im Rahmen des Festaktes auf den Namen „easy go" getauft wird, stellt sich der Verein für die Zukunft auf. Dazu gehört, wie Jugendtrainer Tobias Wittenbecher berichtet, verstärkte Nachwuchsarbeit, um an leistungssportliche Erfolge aus früheren Zeiten anzuknüpfen. Ein Erfolg in diese Richtung sei Platz 7 des Mix-Doppelvierers mit Steuermann beim Bundeswettbewerb der Deutschen Ruderjugend in diesem Jahr Ende Juni.

Das Boot daneben ist älter als der Verein selbst – Baujahr 1922. Es symbolisiert das Geschichts- und Traditionsbewusstsein des ESV Schmöckwitz. Vereinsmitglieder um Günter Schubert, einziger gelernter Bootsbauer im Verein, haben es in anderthalb Jahren wieder fit gemacht. Es hatte rund 25 Risse. Am Vorabend der Jubiläumsfeier besteht es seine Jungfernfahrt im Rahmen der Jubiläumsfahrt, die den sportlichen Teil der Feierlichkeiten darstellt.

Der ESV Schmöckwitz wurde genau am 6. Juli vor 100 Jahren als Reichsbahn-Sportverein gegründet. Die Ruderabteilung mit 190 Mitgliedern feiert das Jubiläum mit einem großen Festakt in seinem Vereinsheim am Seddinsee. Der Vorsitzende Hartmut Braune – seit fast 25 Jahren im Amt – berichtet über die wechselvolle Vereinsgeschichte, in der sich auch die Berliner und deutsche Geschichte widerspiegelt. ESV-Mitglied Wolfgang Eschment hat sie für die Festschrift aufbereitet. Eine noch umfassendere Chronik ist geplant.

Zahlreiche Ehrengäste würdigen den Verein, der vor allem mit seinen Wanderrudersport-Aktivitäten und als Gastgeber für das beliebte und traditionelle Berliner Abrudern den Berliner Rudersport und die Region prägt. Wenn in diesem Jahr „650 Jahre Schmöckwitz" gefeiert wird, haben, wie viele Redner betonen, die Ruderinnen und Ruderer des ESV Schmöckwitz schon 100 Jahre dazu beigetragen, dass der Ortsteil in Treptow-Köpenick lebenswert und attraktiv ist.

„Ihr seid ein mittelgroßer Verein, spielt aber eine große Rolle in der deutschen Rudervereinslandschaft", sagt DRV-Ehrenvorsitzender Prof. Wolfgang Maennig. „Die Gemeinschaft und miteinander Sport machen – das ist etwas ganz Besonderes." Er spricht über die demographischen Herausforderungen und beschreibt die guten Möglichkeiten des Rudersports für die Integration: „Wir müssen Internationals, die zu uns kommen und sich integrieren wollen, eine Chance geben. Dafür ist der Rudersport bestens geeignet. Wenn wir uns perfekt im Boot einordnen – das ist vollkommene Integration."

LSB-Präsident Thomas Härtel dankt vor allem den Ehrenamtlichen: „Ihr seid die besten Beispiele dafür, dass es sich lohnt dieses Engagement zu unterstützen." Er wirbt zugleich für die vom Landessportbund gestartete Volksinitiative zur Sammlung von Unterschriften, mit der der LSB einen Beschluss des Abgeordnetenhauses für eine Bewerbung Berlins um Olympische und Paralympische Spiele herbeiführen will. „Wir wollen etwas für den gesamten Sport erreichen, für mehr und bessere Sportstätten, für viel mehr Sport in der Gesellschaft."

Oliver Igel, Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, ist ebenfalls ein Verfechter von Olympischen und Paralympischen Spielen: „Nicht von Gigantomanie – es kann eine Nummer kleiner sein. Aber es kann dadurch etwas für den Sport gemacht werden, das zeigen bisher alle Olympischen Spiele."

Auch er dankt den Ehrenamtlichen des Vereins, „die insbesondere jungen Menschen ermöglichen, Verantwortung zu übernehmen". Das sei keine Selbstverständlichkeit.

Jubiläumsveranstaltungen sind deshalb immer ein guter Rahmen, langjährige Ehrenamtliche zu würdigen. So überreicht Jens Lehmann, Vorsitzender des Verband Deutscher Eisenbahner-Sportvereine (VDES), die VDES-Ehrennadel an Ingrid Görsch. Sie ist seit fast einem halben Jahrhundert ehrenamtlich im ESV Schmöckwitz aktiv, war u. a. Schriftwartin und Kassenwartin.

Die Ehrennadel des Vereins erhielten Hartmut Braune (Vorsitzender der Ruderabteilung seit fast 25 Jahren), Heike Braune (Kassenwartin des Gesamtvereins), Matthias Sieg (ehemaliger Vorsitzender der Ruderabteilung) und Wolfgang Eschment (Chronist und erfolgreicher Masterruderer).

Die Liste der Redner auf dem Festakt ist ein deutlicher Ausdruck der guten Beziehungen, die der ESV Schmöckwitz pflegt: Gratulationen überbringen auch Roland Trauth, Ehrenvorsitzender des befreundeten RV Rhenania Germesheim in Rheinland-Pfalz, Klaus-Dieter Jungton, Vorsitzender des Gesamtvereins ESV Scmöckwitz, der neben der Ruderabteilung eine Angel-Abteilung hat, und Hans-Günther Dirks, Vorsitzender des Vereins Lok Schöneweide, aus dem der ESV Schmöckwitz nach der Wende hervorgegangen ist. „Mit unserem ehemaligen Heimatverein sind wir immer noch freundschaftlich verbunden", so Hartmut Braune.

Was der ESV Schmöckwitz aber vor allem ist und was den Vereinssport überhaupt kennzeichnet, unterstreicht Thomas Haun, Präsident des Landesruderverbands, und er dankt dem Verein dafür: „ In einer Zeit voller Unruhe, Unsicherheit und Beschleunigung brauchen wir solche Vereine – Orte, die uns Halt geben."

Angela Baufeld